Feuilleton
Wer tankt nicht gern Kultur im Feuilleton, wenn sie ihm
aufgelockert dargeboten wird! Und denkt im Grunde an ein
schöpferisches Bild; stattdessen laufen Infos über das Papier, und
sagen uns, wer dies und das beherrscht, und wo der Größte lebt,
und welches Wissen er gesammelt hat. –
Und ganz besonders wird
das Vergnügen: Preisverleihung angezapft – das ist ein weites Feld!
Wir sind gesegnet mit einer monetären Laudatio, ich denke an den
Umfang kultureller Preise, die Künstler aller Sparten Jahr für Jahr
beglücken. –
Und manchmal glaubt man, daß Poeten der alten
Schule, Homer zum Beispiel, und Horaz, zu kurz gekommen sind.
Und wir vermissen poetische Gedanken von Format, aus unserer
Zeit; stattdessen zeigt man uns, wenn es um Bücher geht – und andere
Dinge –, das Konterfei des künstlerischen Helden, riesengroß, als
wäre das für seine Werke von Belang.
So ist das Feuilleton,
das man in Qualitäts-Journalen auch „Blättchen“ nennt.
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Corrida de Toros. 10.
September 1967 Plaza de Toros de Madrid. – November 2017
Das Warten, doch worauf?, bewegungslos in einer Box, ist überstanden. Das Tor
ist frei!
El Toro springt in die Arena, sieht sich erschrocken um,
kein Grün!, und stürzt sich, wild entschlossen, auf den Schatten eines
Menschen. Und Staub, und Sand, und erste Wut wird bald zu einem grausamen
Gemisch.
Und überall im weiten Rund plärrende Menschen. Und auf dem
Platz, nur einen Steinwurf weit, ein Mann, der wie geziert in seine Richtung
sieht, und der ein rotes Tuch wie eine Fahne vor sich trägt, und dessen
Unbeweglichkeit und Stille der Auftakt ist zu einem schweren Kampf.
Das rote Tuch in seinen Augen fordert ihn heraus. Es flackert wild im
Sonnenlicht. Der Stier versteht es nicht, er rast dem roten Schein entgegen,
verpaßt ihn nur um einen Augenblick.
Er weiß noch nicht, daß das
Vergnügen eines Kampfes im Auge seines Feindes liegt.
Der schlanke
Mann in seiner schönen Kampfmontur weiß, was er will – den Tod des Stiers.
Davor zeigt er, zur Freude seines Publikums, wie so ein großes schwarzes
Tier gedemütigt und in die Knie gezwungen werden kann. Und das geschieht
ganz ohne Kampfgeschrei. Mit List, nach Menschenart.
Der Stier ist müde,
aus seiner schwarzen Haut tropft Blut – im Nacken stecken spitze Spieße
mit Widerhaken; und immer noch stürzt sich das Tier mit einer wilden Wut auf
jene unbewegliche Gestalt, die nur der Sonne aus dem Wege geht.
Und
ganz allmählich bahnt sich schon das Ende an. Der Stier hört keine Laute
mehr. Es ist so still im weiten Rund. Wie gern er jetzt auf einer grünen
Weide wär.
Ein letztes Flackern dieser schrecklich roten Fahne lockt
ihn an. Er wartet noch, sinkt in die Knie, steht auf; das Flackern endet
nicht, ein Blitzen blendet ihn – der Degen des Toreros sammelt sich – zum
Todesstoß. Jetzt wird es still um ihn herum. Was wird geschehn! – Er stürmt
nach vorn, und wieder nimmt sein Auge nur die rote Fahne wahr, und während
er den müden Kopf fast schon besiegt nach unten senkt, bohrt sich der Degen
des Toreros tief ins Schulterblatt – der schwere Körper fällt aus seinem
Gleichgewicht. El Toro est muerte. Ein einziger Jubelschrei kommt von den
Rängen, Applaus, der beiden gilt – dem Sieger und Besiegten, in einem Kampf,
der kein Erbarmen kennt.
Anmerkungen zu dem
vorstehenden Text: Der obige Stierkampf ist authentisch. Im
Herbst 1967 befand sich der Autor Gregori Latsch mit seiner Lebensgefährtin in
einem VW-Käfer auf Europafahrt, die quer durch Spanien und Frankreich führte.
Darüber liegt ein noch unbearbeitetes MS vor, aus dem der Text über die
Corrida de Toros vom 10.9.1967 stammt, dem der Autor im November 2017 seine
endgültige Form gab.
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